KV-Infoplattform

Gas- und Wärmeversorgung / Beilage

KOLLEKTIVVERTRAG


abgeschlossen zwischen dem Fachverband
Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen
einerseits und dem
Österreichischen Gewerkschaftsbund
Gewerkschaft der Privatangestellten,
Druck, Journalismus, Papier
andererseits.


I. Geltungsbereich
Der Kollektivvertrag gilt
räumlich: für alle Bundesländer der Republik Österreich;
fachlich: für alle Mitgliedsfirmen des oben genannten Fachverbandes.
Für alle Mitgliedsfirmen, die gleichzeitig auch anderen als den vertragsschließenden Fachverbänden angehören, ist in Zweifelsfällen die Vertragszugehörigkeit einvernehmlich zwischen den beteiligten Fachverbänden und der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier festzustellen. Bei dieser Feststellung ist davon auszugehen, welcher Produktionszweig überwiegend ausgeübt wird;
persönlich: für alle jene dem Angestelltengesetz unterliegenden Dienstnehmer, auf welche der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie vom 1. November 1991 anzuwenden ist.


II. Zeitkontenmodell
a)
Voraussetzungen
Bei ein- bzw zweischichtiger Arbeitsweise kann anstelle der Absätze 2a (ausgenommen erster Absatz) bis 4a ein Zeitkontenmodell im Sinne dieses Punktes vereinbart werden. Die Regelungen dieses Punktes gelten nur für die Dauer des vereinbarten Durchrechnungszeitraumes (bzw Ausgleichszeitraumes).
Während des Durchrechnungszeitraumes kann Mehrarbeit gemäß § 4a sowie Gleitzeit nicht angewendet werden. Das Einarbeiten in Verbindung mit Feiertagen ist zulässig, doch sind alle nachstehenden Regelungen einzuhalten.
Die Durchrechnung der Normalarbeitszeit ist nur zulässig, wenn die Lage der gesamten Normalarbeitszeit für den gesamten Durchrechnungszeitraum im Vorhinein vollständig festgelegt ist. Der Aufbau bzw Abbau von Zeitguthaben erfolgt in Form von Abweichun­gen von dieser Arbeitszeitverteilung bzw vom Schichtplan, die alle nachstehenden Bedingungen erfüllen müssen.
Jugendliche im Sinne des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes können unter Einhaltung der Voraussetzungen des KJBG (insb § 11 Abs 2a bis 3) einbezogen werden.
Werden teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer bzw Arbeitnehmerinnen in das Zeitkontenmodell miteinbezogen, bleiben die aus § 19d Abs 3 bis 3e AZG resultierenden Ansprüche unberührt.
In Betrieben mit Betriebsrat ist jedenfalls die Zustimmung des Betriebsrates notwendig. Bei erfolgter Zustimmung des Betriebsrates ist auf deren Grundlage eine Betriebsvereinbarung abzuschließen und an die Kollektivvertragspartner zu senden.
In Betrieben ohne Betriebsrat kann das Zeitkontenmodell bei einem Durchrechnungszeitraum bis zu 13 Wochen durch schriftliche Vereinbarung mit den Arbeitnehmerinnen bzw Arbeitnehmern festgelegt werden; bei einem darüber hinausgehenden Durchrechnungszeitraum bis zu 52 Wochen mit der Gewerkschaft GPA-djp. Soweit im Folgenden eine Betriebsvereinbarung bzw das Einvernehmen mit dem Betriebsrat notwendig ist, wird dies durch die Vereinbarung bzw das Einvernehmen mit der Gewerkschaft ersetzt.
Zeitguthaben, die nach den Regeln über den Zeitausgleich für Überstunden (§ 5) entstanden sind, können einvernehmlich auf einem der drei Zeitkonten (in der Regel dem Zeitkonto 2) des Zeitkontenmodells gutgeschrieben werden; für den Verbrauch und ihre Abgeltung gelten dann die Regelungen des Zeitkontenmodells.
Eine Betriebsvereinbarung über die Anwendung des Zeitkontenmodells soll als solche bezeichnet werden.
b)
Allgemeine Bestimmungen
Zwecks Durchführung des Zeitkontenmodells sind nachstehende 3 Zeitkonten zu bilden:
  • Das Zeitkonto 1 dient der Aufzeichnung von Zeitguthaben und deren Abbau während des Durchrechnungszeitraumes.
  • Das Zeitkonto 2 dient der Aufzeichnung von Zeitzuschlägen.
  • Das Zeitkonto 3 dient als Ausgleichskonto für übertragene Zeitguthaben aus Zeitkonto 1 und für die Aufzeichnung von negativen Zeitsalden.

Dem Arbeitnehmer bzw der Arbeitnehmerin ist der jeweilige Zeitsaldo der einzelnen Zeitkonten 1, 2 und 3 monatlich schriftlich bekanntzugeben und jederzeit Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.
c)
Durchrechnungszeitraum und Bandbreite
Die Normalarbeitszeit kann innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von bis zu 52 Wochen unregelmäßig so verteilt werden, dass sie im Durchschnitt des Durchrechnungszeitraumes 38,5 Stunden pro Woche nicht überschreitet. Die Normalarbeitszeit darf einschließlich der zusätzlichen Arbeit 9 Stunden pro Tag und 45 Stunden pro Woche nicht überschreiten und sie darf 32 Stunden nur unterschreiten, wenn der Zeitausgleich in Form von ganzen Tagen (Schichten) erfolgt.
Zusätzliche Arbeit im Sinne dieses Modells kann nicht für Nacht-, Sonn- und Feiertagsstunden sowie an Samstagen ab 14 Uhr (bzw Beginn der 2. Schicht) festgelegt werden.
Die Betriebsvereinbarung kann abweichend von vorstehendem Satz zulassen, dass Montag bis Freitag
  • vor Beginn der Frühschicht und
  • im Anschluss an die Spätschicht

für jeweils eine Stunde zusätzliche Arbeit festgelegt wird wenn dies auch im Interesse des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin gelegen ist. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, darf an Samstagen keine zusätzliche Arbeit im Sinne des Zeitkontenmodells geleistet werden.
d)
Abweichung vom Ausmaß der regelmäßigen wöchentlichen Normalarbeitszeit (Zeitkonto 1)
Die Betriebsvereinbarung hat nähere Bestimmungen darüber zu enthalten, wie die jeweilige Normalarbeitszeit festgelegt wird und wie der Zeitausgleich in Anspruch genommen wird. 14 Tage vor Beginn des Durchrechnungszeitraumes ist ein Rahmenplan zu vereinbaren, aus dem aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bekannten Tatsachen die zu erwartenden Abweichungen von der durchschnittlichen Arbeitszeit ersichtlich sind.
Zusätzliche Arbeit ist spätestens 2 Wochen vor Beginn der jeweiligen Arbeitswoche entsprechend der Grundvereinbarung festzulegen. Diese Frist kann in Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Betriebsrat verkürzt werden; in diesem Fall kann die Leistung der zusätzlichen Arbeit aus berücksichtigungswürdigen Interessen des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin abgelehnt werden.
Die Zahl der Guthabenstunden darf, unabhängig vom Stand der übrigen Zeitkonten, 167 nicht überschreiten. Die zusätzliche Arbeitszeit und der Verbrauch von Zeitguthaben ist auf diesem Zeitkonto aufzuzeichnen.
e)
Zeitzuschläge (Zeitkonto 2)
Der Stand des Zeitguthabens am Zeitkonto 1 am Letzten des vorigen Kalendermonats bestimmt die Höhe der Zeitzuschläge für zusätzliche Arbeit, die im Folgemonat geleistet wird.Beträgt das Zeitguthaben
  • 0 bis 60 Stunden, gebührt kein Zeitzuschlag,
  • mehr als 60 bis 100 Stunden, gebührt für jede Stunde zusätzliche Arbeit ein Zeitzuschlag von 10 %,
  • mehr als 100 Stunden, gebührt für jede Stunde zusätzliche Arbeit ein Zeitzuschlag von 20 %.

Diese Zeitzuschläge sind dem Zeitkonto 2 gutzuschreiben.
f)
Verbrauch der Zeitguthaben
Der Verbrauch von Zeitguthaben kann nicht für Zeiträume vereinbart oder durch Betriebsvereinbarung festgelegt werden, für welche Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit besteht.
Für die Zeitkonten gelten folgende Verbrauchsregeln:
Zeitkonto 1:
Das Verfahren zur Festlegung des Verbrauchszeitraumes von Zeitguthaben ist durch Betriebsvereinbarung festzulegen. Die Betriebsvereinbarung kann vorsehen, dass auch individuelle Vereinbarungen über den Verbrauchszeitraum zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig sind.
Zeitkonto 2:
Den Verbrauch der Zeitguthaben legt der Arbeitnehmer bzw die Arbeitnehmerin fest, doch hat er bzw sie sich um das Einvernehmen mit dem Arbeitgeber zu bemühen. Kommt das Einvernehmen nicht zustande, kann er bzw sie mit einer Vorankündigungszeit von vier Wochen den Verbrauchszeitpunkt für jeweils bis zu fünf Arbeitstage bzw fünf Schichten einseitig festlegen. Auf Wunsch des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin und sofern dies betrieblich möglich ist und Zeitguthaben bestehen, ist Altersteilzeit iSd § 4c zu vereinbaren, um in diesem Rahmen deren Verbrauch zu ermöglichen.
Zeitkonto 3:
Der Verbrauch der Zeitguthaben erfolgt einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Abweichend davon kann bei konjunkturell bedingter Unterauslastung durch Betriebsvereinbarung ein bestimmtes Ausmaß des Verbrauchs der Zeitguthaben festgelegt werden.
Zeitguthaben im Zeitkonto 3 sind, soweit sie dafür ausreichen, in mehrwöchigen zusammenhängenden Zeiträumen zu verbrauchen.

ArbeitnehmerInnen können einmal pro Kalenderjahr unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von 4 Wochen den Zeitpunkt des Zeitausgleichs im Ausmaß bis zur Hälfte des Zeitguthabens, maximal aber für bis zu fünf Arbeitstage bzw Schichten einseitig festlegen. Die Betriebsvereinbarung kann einen anderen 52-Wochen-Zeitraum festlegen.
§ 19f AZG gilt mit der Maßgabe, dass anstelle dessen Verbrauchsregelungen (Abs 1), nicht jedoch hinsichtlich dessen Regelungen zur Abgeltung in Geld, die vorstehenden Regelungen treten; dies gilt auch für die Zeitzuschläge (Zeitkonto 2).
Innerhalb der einzelnen Zeitkonten gelten die ältesten Zeitguthaben als zuerst verbraucht.
g)
Abgeltung bzw Übertragung von Zeitguthaben am Zeitkonto 1 bei Ende des Durchrechnungszeitraumes
Ist bei Ende des Durchrechnungszeitraumes der Zeitausgleich nicht vollständig erfolgt, können Zeitguthaben im Ausmaß von bis zu 40 Stunden in den Ausgleichszeitraum (Zeitkonto 3) übertragen werden. Nicht übertragene Zeitguthaben sind als Überstunden mit 50 % Zuschlag und auf Grundlage des Teilers 143 auszuzahlen oder auf Wunsch des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin
  • der Zeitraum des Zeitausgleichs im Verhältnis 1 : 1,67 zu vereinbaren oder
  • die Stunden im Verhältnis 1 : 1,67 dem Zuschlagskonto (Zeitkonto 2)

gutzuschreiben.
h)
Ausgleichszeitraum für übertragene Zeitguthaben und negative Zeitsalden (Zeitkonto 3)
Gemäß lit g in den Ausgleichszeitraum übertragene Zeitguthaben sind jeweils binnen längstens drei Jahren nach dem Übertrag zu verbrauchen.
Bei gegebenem Bedarf kann darüber hinaus ein negativer Zeitsaldo im Ausmaß von bis zu 120 Stunden als Vorgriff auf künftig gutzuschreibende Zeitguthaben aufgebaut werden. Ein solcher Aufbau eines negativen Zeitsaldos kann nur einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgen oder vom Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für Gruppen von Arbeitnehmern bzw Arbeitnehmerinnen einseitig angeordnet werden. Negative Zeitsalden verfallen nach Ablauf von zwei Kalenderjahren ab dem Ende jenes Kalenderjahres in dem sie entstanden sind. Die Betriebsvereinbarung kann einen anderen 52-Wochen-Zeitraum festlegen.
i)
Zeitguthaben bzw negative Zeitsalden bei Ende eines Arbeitsverhältnisses
Besteht bei Ende des Arbeitsverhältnisses ein Zeitguthaben (Zeitkonto 1) oder ein Guthaben an Ausgleichsstunden (Zeitkonto 3), erfolgt die Abgeltung im Falle der Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin, bei dessen/deren Selbstkündigung und bei unberechtigtem vorzeitigen Austritt mit dem zuletzt gebührenden Stundenverdienst, in den anderen Fällen mit der Überstundenentlohnung (lit g).
Besteht ein Guthaben am Zuschlagskonto (Zeitkonto 2) ist es mit dem zuletzt gebührenden Stundenverdienst auszuzahlen.
Ein negativer Zeitsaldo (Zeitkonto 3) ist mit einem allfälligen Zeitguthaben auf Zeitkonto 1 zu saldieren. Dabei ist abhängig von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie in Abs 1 geregelt, die Stundenzahl oder das 1,67-fache der Stundenanzahl zugrunde zu legen. Verbleibende negative Zeitsalden hat der/die Arbeitnehmer/in nur im Falle der Entlassung aus seinem/ihrem Verschulden und des unberechtigten vorzeitigen Austrittes zurückzuzahlen.
j)
Montage- und Akkordabsicherung
Regelmäßig angefallene Montagezulagen sind mit ihrem Durchschnittsbetrag gleichzeitig mit dem Monatsgehalt auszubezahlen. Die Angemessenheit des Durchschnittsbetrages ist mit Ende jedes Durchrechnungszeitraumes und bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse anhand der tatsächlich erbrachten Montagearbeiten zu überprüfen. Regelmäßigkeit liegt vor, wenn sie in den letzten 13 abgerechneten Wochen (bzw 3 Monaten oder Kalendervierteljahr) vor Beginn des Durchrechnungszeitraumes durch mindestens 7 Wochen geleistet wurden.
Für infolge des Zeitausgleichs gänzlich arbeitsfreie Tage ist die ausfallende Wegzeitvergütung mit dem Durchschnittswert der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen fortzuzahlen.
Bei leistungsbezogenen Entgelten (Akkord, Prämie usw) ist eine Regelung zu treffen, die ein Schwanken des Verdienstes durch das Zeitkontenmodell möglichst vermeidet.
k)
Sonstige Bedingungen für das Zeitkontenmodell
Soweit keine allgemeine Betriebsvereinbarung über Grundsätze der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte besteht, kann das Zeitkontenmodell nur vereinbart werden, wenn eine gemäß lit a) abzuschließende Betriebsvereinbarung Regelungen über die allfällige Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte in den betroffenen Bereichen und jenen Bereichen, die damit in einem Arbeitszusammenhang stehen, enthält.
Die über der durchschnittlichen Normalarbeitszeit liegenden Normalstunden in Wochen mit mehr als 38,5 Stunden geleisteter Arbeit verkürzen nicht den Gesamtanspruch des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin auf bezahlte Pflegefreistellung in Höhe ein bzw zwei Arbeitswochen.
Wird im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung über das Zeitkontenmodell eine Betriebs(teil)versammlung einberufen, haben Arbeitnehmer bzw Arbeitnehmerinnen für die erforderliche Dauer Anspruch auf Entgeltfortzahlung ohne Anrechnung auf bestehende Vereinbarungen bzw betriebliche Übungen.
Die Betriebsvereinbarung hat nachteilige Folgen des Zeitkontenmodells im Privatbereich (zB familiäre Pflichten, Aus- und Weiterbildung) möglichst zu vermeiden.
l)
Geltungsdauer
Die Regelungen des Pkt 4b treten mit 1. 7. 2016 in Kraft und gelten zwecks Erprobung vorläufig bis zum 30. 6. 2019. Sofern bis zum 30. 9. 2017 nicht eine klare Absicherung aller Zeitguthaben im IESG*) erfolgt, treten sie abweichend davon bereits mit 31. Dezember 2017 außer Kraft.
*) Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz


III. Geltungsbeginn
Dieser Kollektivvertrag tritt mit Wirkung ab 1. Juli 2016 in Kraft.



FACHVERBAND DER GAS- UND WÄRMEVERSORGUNGSUNTERNEHMUNGEN
Der Obmann: Der Geschäftsführer:
Mag. Robert Grüneis Mag. Michael Mock
ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND
Gewerkschaft der Privatangestellten,
Druck, Journalismus, Papier
Der Vorsitzende: Der Geschäftsbereichsleiter:
Wolfgang Katzian Alois Bachmeier
Wirtschaftsbereich Energie
Der Verhandlungsführer: Der Wirtschaftsbereichssekretär:
Roland Boigner Rudolf Wagner

Wien, am 1. Juni 2016