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Teigwarenindustrie / KV Arbeitszeitverkürzung / Zusatz

Kollektivvertrag


betreffend die etappenweise Einführung der 38,5 Stunden-Woche abgeschlossen zwischen dem Fachverband der Nahrungs- und Genußmittelindustrie Österreichs,
VERBAND DER TEIGWARENINDUSTRIE
1030 Wien, Zaunergasse 1-3 und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund Gewerkschaft der Lebens- und Genußmittelarbeiter, 1080 Wien, Albertg. 35.


I. Geltungsbereich
a.  Räumlich:
Für das gesamte Bundesgebiet.
b.  Fachlich:
Für alle Betriebe des Verbandes der Teigwarenindustrie, welche jahresumsatzmäßig überwiegend Teigwaren erzeugen.
c.  Persönlich:
Für alle in den erwähnten Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer, soweit sie nicht der Angestelltenversicherungspflicht unterliegen.


II. Arbeitszeit
A. Wöchentliche und tägliche Arbeitszeit
Soweit die Bestimmungen des Rahmenkollektivvertrages für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie Österreichs vom 29. März 1963 idF. v. 22.6.1989 im folgenden nicht neu geregelt werden, bleiben diese unberührt.
1.  Die regelmäßige wöchentliche Normalarbeitszeit beträgt, soweit in der Folge nicht anderes bestimmt ist, ab 1.1.1991 39 Stunden (1. Etappe) und ab 1.7.1991 38,5 Stunden (2. Etappe).
2.  Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Wächter, Portiere, Chauffeure und Beifahrer darf, wenn in sie regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, auf den nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG) vorgesehenen Rahmen unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Anhanges zum RKV der Nahrungs- und Genußmittelindustrie für die Teigwarenindustrie zu § 4 ausgedehnt werden.


B. Durchrechenbare Arbeitszeit
1.  Die Normalarbeitszeit kann innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 52 Wochen oder durch Betriebsvereinbarung von 26 Wochen ungleichmäßig so verteilt werden, daß sie im Durchschnitt 39 bzw. 38,5 Stunden/Wochen nicht überschreitet. Die Normalarbeitszeit pro Woche kann dabei bis zu 40 Stunden ausgedehnt werden.
2.  Die wöchentliche Normalarbeitszeit im Durchrechnungszeitraum ist unbeschadet des Abs. 3 im vorhinein festzulegen. Änderungen, die sich aus den jeweiligen Betriebserfordernissen ergeben, sind rechtzeitig zu vereinbaren.
3.  Soweit die Herbeiführung der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Durchrechnungszeitraum im Wege des Zeitausgleiches erfolgt und soferne die Lage des Zeitausgleiches nicht von vornherein feststeht, ist der Zeitpunkt im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festzulegen. Der Zeitausgleich hat tunlichst in ganzen Tagen zu erfolgen. Im Falle der Nichteinigung hat der Zeitausgleich vor Ende des Ausgleichszeitraumes zu erfolgen, wobei in diesem Fall bei Urlaub, Feiertag und bezahlter Arbeitsverhinderung vor Ende des Ausgleichszeitraumes der Zeitausgleich unmittelbar vor- oder nachher zu erfolgen hat. Mehrarbeitsstunden bis zu einem Ausmaß von 20 Stunden können in die nächste Periode vorgetragen werden. Zeiten des Gebührenurlaubs werden mit der fiktiven Normalarbeitszeit bewertet.
4.  Während des Durchrechnungszeitraumes gebührt der Lohn für das Ausmaß der durchschnittlichen Normalarbeitszeit. Auf Stunden bezogene Entgelteile (z.B. Zulagen, Zuschläge) werden nach den geleisteten Stunden abgerechnet.
5.  Scheidet der Arbeitnehmer durch Kündigung seitens des Arbeitgebers, durch Austritt mit wichtigem Grund oder Entlassung ohne sein Verschulden aus, gebührt für die bis zum Ausscheiden im Verhältnis zur durchschnittlichen Normalarbeitszeit zuviel geleistete Arbeit Überstundenentlohnung - bei Arbeitsgeberkündigung jedoch nur dann, wenn ein Ausgleich im Wege des Zeitausgleiches während der Kündigungsfrist aus betrieblichen Gründen nicht erfolgen kann -, in allen anderen Fällen der Lösung des Arbeitsverhältnisses Normalstundenlohnung.
Den im Verhältnis zu der geleisteten Arbeit bis zum Ausscheiden gegenüber der durchschnittlichen Normalarbeitszeit zuviel bezahlten Verdienst hat der Arbeitnehmer dann zurückzuzahlen, wenn er selbst kündigt, ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder aus einem Verschulden entlassen wird.


C. Arbeitszeit im Schichtbetrieb
In Schichtbetrieben mit mehrschichtiger Arbeitsweise ist ein Schichtplan zu erstellen. Die wöchentliche Normalarbeitszeit darf im Durchschnitt des Schichtturnusses 40 Stunden nicht überschreiten. Die sich daraus ergebenden Über- oder Unterschreitungen der durchschnittlichen kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit (39 bzw. 38,5 Stunden/Wochen) sind innerhalb der folgenden 52 Wochen bzw. innerhalb eines kürzeren Zeitraumes (siehe Punkt B 1) auszugleichen. Die Punkte B 2 bis 5 sind sinngemäß anzuwenden.

D. Mehrarbeit
Das Ausmaß der Verkürzung der Normalarbeitszeit (bei bisheriger 40 Stunden-Woche 1 Stunde bzw. 1,5 Stunden) ist zuschlagsfreie Mehrarbeit. Sie wird auf das erlaubte Überstundenausmaß nicht angerechnet. Dieser Grundsatz gilt auch bei einer Verteilung der Normalarbeitszeit im Sinne der Punkte B u C. Durch die Mehrarbeit darf die tägliche Arbeitszeit von 9 Stunden nicht überschritten werden. Weiters darf die Mehrarbeit, ausgenommen bei Schichtarbeit, Einarbeiten von Feiertagen gemäß § 4 Abs. 3 AZG und in den Fällen einer längeren Normalarbeitszeit im Kollektivvertrag eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden nicht überschritten werden. Die Obergrenze gilt nicht für Arbeitnehmer mit erheblicher Arbeitsbereitschaft gem. Pkt A 2. Hinsichtlich der Anordnung der Mehrarbeit sind die Bestimmungen des § 7 Rahmen-Kollektivvertrag (RKV) für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie vom 29. März 1963 idgF sinngemäß anzuwenden.

E. Überstunden
Als Überstunde gilt jede Arbeitszeit, die über die wöchentliche bzw. tägliche Normalarbeitszeit sowie die Mehrarbeit gem. Pkt. D hinausgeht. Bei einer anderen Verteilung der Normalarbeitszeit im Sinne der Punkte B und C liegen Überstunden erst dann vor, wenn die aufgrund dieser Verteilung der Normalarbeitszeit auf die einzelnen Wochen vereinbarte tägliche Normalarbeitszeit sowie die Mehrarbeit fem. lit. D überschritten wird. Die Bestimmungen des § 7 RKV sind sinngemäß anzuwenden.

F. Lohnausgleich, Teilungsfaktor
1.  Die Monatslöhne bleiben zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Arbeitszeitverkürzung unverändert. Die Stundenlöhne werden entsprechend der Verkürzung der Normalarbeitszeit ab 1.1.1991 um 2,6 % und ab 1.7.1991 um die Differenz auf insgesamt 3,9 % aufgewertet.
2.  Bei Arbeitnehmern, mit denen eine Teilzeitbeschäftigung vereinbart wurde, wird entweder die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit oder der IST-Lohn aliquot zur Verkürzung der im Betrieb vollbeschäftigten Arbeitnehmer angepaßt.
3.  Der Divisor für die Ermittlung der Normalstunde beträgt für die 1. Etappe: 169, für die 2. Etappe: 167, der für die Berechnung der Überstundengrundvergütung und der Überstundenzuschläge sowie der Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit für die 1. Etappe: 156; für die 2. Etappe: 154, bei Wochenlohn beträgt dieser Divisor 39 bzw. 38,5.


G. Geltungstermin und Schlußbestimmung
1.  Dieser Kollektivvertrag tritt mit 1.1.1991 (1. Etappe), 1.7.1991 (2. Etappe) in Kraft. Bei mehrschichtiger Arbeitsweise kann durch Betriebsvereinbarung ein anderer Geltungstermin vereinbart werden (z.B. Beginn des nächsten Schichtturnusses).
2.  Die Bestimmungen dieses Kollektivvertrages stellen gegenüber dem Arbeitszeitgesetz insgesamt die günstigere Regelung dar. Abweichungen einzelner Bestimmungen gegenüber den gesetzlichen Regelungen, insbesondere Arbeitszeitgesetz, sind daher durch die Absenkung der durchschnittlichen Normalarbeitszeit auf 39 bzw. 38,5 Stunden sowie den dafür vereinbarten Lohnausgleich angegolten.
3.  Die durch diese Vereinbarung erfolgte Verkürzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit ist auf alle künftigen gesetzlichen oder generalkollektivvertraglichen bzw. einzelkollektivvertraglichen Regelungen, die eine Arbeitszeitverkürzung vorsehen, anrechenbar.
4.  Die Anrechnung innerbetrieblicher Besserstellungen auf die vorzunehmende Arbeitszeitverkürzung kann zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat - in Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, durch Einzelvereinbarung geregelt werden.
5.  Jene Bestimmungen des RKVs, die durch diesen Kollektivvertrag neu geregelt werden, treten mit den in Ziff. 1 genannten Zeitpunkt außer Kraft.


Unterzeichnungsprotokoll
Wien, 19. Nov. 1990
FACHVERBAND DER NAHRUNGS- UND GENUSSMITTELINDUSTRIE
Obmann Geschäftsführer
Komm.Rat Ing. PECHER Dr. SMOLKA
VERBAND DER TEIGWARENINDUSTRIE
Obmann Geschäftsführer
Komm.Rat WOLF Dr. SMOLKA
ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND
Gewerkschaft der Lebens- und Genußmittelarbeiter
Vorsitzende Zentralsekretär
Dr. SIMPERL GÖBL